Abenteuer Neufundland Unterwegs auf eisigen Pisten

neufundland, eis, abenteuer, kanada, feature story CANADA Foto: Richard Kienberger 13 Bilder

Teils extreme Wetterwechsel sind auf Neufundland vor der Ostküste Kanadas an der Tagesordnung. Das galt auch viele Jahre für die Fischereiindustrie im ehemaligen Dominion. Teil II unseres Abenteuer-Reports.

"Wenn dir das Wetter nicht gefällt, musst du einfach fünf Minuten warten!" Sheri, die Besitzerin des Bed and Breakfast The Turnip, lacht, als sie beim Blick aus dem Fenster hinaus in die schockgefrostete Landschaft die neufundländische Redewendung zum Besten gibt. Sehr oft enthalten derartige Weisheiten ja einen wahren Kern, und in der Tat ist das Wetter in Neufundland extrem wechselhaft. Gut, "fünf Minuten" mag ein wenig übertrieben sein. Aber dass die Sonne von einem makellos blauen Himmel brennt und eine halbe Stunde später ein veritabler Schneesturm übers Land fegt, sodass man keine 50 Meter weit sieht, gehört hier zur Normalität.

Dicke Eispanzer überziehen das Meer

The Turnip liegt einen Steinwurf neben dem Highway 430, der sich entlang der Westküste Neufundlands hoch nach St. Anthony windet. Vorbei an vielen verlorenen, vom Wind geformten Tuckamore Trees, die im harschen Klima so langsam wachsen, dass ein Baum mit zehn Zentimeter Durchmesser durchaus 60 Jahresringe aufweisen kann. Durch verlassene Dörfer, in denen kaum einmal ein Mensch zu sehen ist, vorbei an Booten, die auf dem Strand liegen, und immer in Sichtweite des Meers, das hier nicht mit einer ebenen Eisschicht bedeckt ist, über die man wandern könnte. Die Oberfläche des Wintermeers ist auf ihre Art ebenso wild wie das Sommermeer. Über Hunderte Kilometer erstreckt sich der weiße, abweisende Panzer aus geborstenen Schollen, als hätten die Wellen versucht, sich mit aller Kraft gegen das Erfrieren zu wehren.

"The winter, that never ends", wiederholt sich der Wettermann im Radio. Gerade in Küstennähe ist das Wetter besonders launisch. Aber die Küste ist in Neufundland ja überall nahe, jedenfalls in meteorologischer Hinsicht. Eigentlich, sagt Sheri, müsste um die Jahreszeit das Eis schon so weit geschmolzen sein, dass die Robben kommen und ihre Köpfe aus den Wasserlöchern stecken. Doch das wird in diesem Winter noch einige Wochen dauern.

Im Winter gibt es nur den Landweg

Solange die kalte Jahreszeit die Insel eisern im Griff hält, ist das Meer rund um Neufundland fast überall mit diesem dicken Eispanzer überzogen – und die Fähre vom Festland kann nur die eisfreie Rinne in den Hafen von Port aux Basques nutzen. Rund sieben Stunden dauert die Überfahrt, wenn sie stattfindet. Immer wieder fallen Verbindungen aus, wetterbedingt natürlich. Das Problem dabei: Das eigentliche Zentrum Neufundlands ist die Hauptstadt St. John’s, in der mehr als die Hälfte der Einwohner lebt. Sie liegt sozusagen auf der anderen Seite der Insel. Im Sommer, wenn das Nordmeer eisfrei ist, gibt es eine Fähre vom Festland in die Hauptstadt. Aber im langen Winter muss alles, was die Neufundländer benötigen, per Schiff nach Port aux Basques gebracht und von dort auf dem Landweg weitertransportiert beziehungsweise verteilt werden.

Von der Hafenstadt in der Südwestecke der Insel führt der Transcanada Highway – die Straße mit der Nummer 1 – in einem weiten Bogen nach St. John’s. Die Bezeichnung "Lebensader" hat für diese Hauptverkehrsstrecke Neufundlands eine besondere Berechtigung. Der knapp über 900 Kilometer lange Highway ist von zentraler Bedeutung. Auf ihm wird der Großteil der Transporte abgewickelt. Alle anderen Straßen hängen wie immer feiner werdende Verästelungen an der Schlagader, die seit einigen Jahrzehnten die Eisenbahnlinie zwischen den beiden Hafenstädten ersetzt.

Die Schienenverbindung wurde 1898 von den britischen Kolonialherren fertiggestellt und war lange Zeit – neben dem seit Jahrhunderten üblichen Weg über das Wasser – die einzige Möglichkeit, Güter und Menschen von der West- auf die Ostseite der Insel zu bringen und umgekehrt. Erst 1967, 18 Jahre nachdem sich das vormalige Dominion unter dem Namen "Labrador und Neufundland" als zehnte Provinz Kanada angeschlossen hatte, wurde der Transcanada Highway komplettiert. Die Eisenbahn stellte zwei Jahre später den Personenverkehr ein und legte die Strecke 1988 ganz still. Möglicherweise wird der Schienenweg in naher Zukunft reaktiviert, dann allerdings nur als Touristenattraktion.

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