BKF-Ausbildung Gelungene Integration

Ausbildung bei Emons Foto: Emons 7 Bilder
Meinung

Bundesweit stagniert die dreijährige Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Über das eigene Projekt „WhyNotLogistics“ wirbt das Kölner Logistikunternehmen Emons nun erfolgreich Interessenten aus Afrika an.

Die schwarzen Trikots mit den roten Streifen und dem Namen des Sponsors auf der breiten Brust erinnern nur auf den ersten Blick an die Heimleibchen von Bayer Leverkusen. Doch wenn Paul Donatien Chigoho, Jeremie Charles Amulie, Christope Kilimwigulu Mututu und Live Bazodulua Nkayilu in den acht für ein Turnier aus Jugendlichen des DJK Südwest Köln und 18 jungen Auszubildenden des Kölner Logistikunternehmens Emons zusammengestellten Teams am Samstag im Grüngürtel über den Kunstrasen flitzen, geniale Pässe spielen und schöne Tore erzielen, dann blitzt schon ein wenig von der Spielkunst des Deutschen Meisters und DFB-Pokalsiegers auf. Dort waren auch einige Spieler aus Afrika ein Garant für den diesjährigen Erfolg.

Der deutsche Mittelstand trägt lokal immer noch eine gesellschaftliche Verantwortung. Seit fünf Jahren besteht nun das Trikotsponsoring des 1928 gegründeten Familienunternehmens Emons für den DJK Südwest, der unter dem Vorsitzendenden Michael Kosche 33 Wettkampfmannschaften hat. Und gelegentlich eine Ausbildungsprämie bekommt, wenn seine Talente von den Scouts der Profiklubs entdeckt werden. Und das, obwohl die Emons-Zentrale ja auf der anderen Rheinseite liegt. Aber Peter Emons, der in der zweiten Generation noch in der Holding aktiv ist, wuchs selbst im Kölner Westen auf, wohnt dort immer noch und ist, wie er am Rande des anschließenden Sommerfestes am Infostand im Beisein seines Sohnes Lorenz sagt, mit dem halben Vorstand des DJK gut befreundet. Weshalb es natürlich erst zu dieser „wunderschönen Symbiose“ kam. Und zur quasi spielerischen Präsentation des bereits 2022 gestarteten Projekts „WhyNotLogistics“, mit dem Emons zwar in Zukunft keine Punkte holen will – aber dem immer stärker drohenden Mangel an motivierten und qualifizierten Fahrern in Deutschland mit viel Engagement und kreativen Ideen entgegentreten will.

Dreijährige Ausbildung stagniert

Nach den jüngsten Zahlen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) in unserer gesondert aufbereiteten Grafik stagniert die dreijährige Ausbildung zum Berufskraftfahrer in Deutschland. 2023 betrug die Zahl der bestehenden Ausbildungsverträge nur noch 6.618, nur 2.798 Ausbildungsverträge wurden neu abgeschlossen. Nach einem kurzen „Aufschwung“ sank die Zahl der bestandenen Prüfungen wieder auf 1.820. Für das im August beginnende neue Lehrjahr 2024/25 melden die Unternehmen höchst unterschiedliche Zahlen. Einige konnten gleich zwölf neue Azubis einstellen, andere, obwohl seit Jahren in der Ausbildung aktiv, gar keine.

Foto: ETM Verlag

„Deutschlandweit haben wir selbst rund 300 Auszubildende pro Jahr an über 30 Standorten“, sagt die Prokuristin und Leiterin des Personalwesens, Christiane Bauer, die selbst seit 27 Jahren bei Emons beschäftigt ist. Emons bildet aus zum Kaufmann für Speditions- und Logistikdienstleistungen, zum Fachlageristen und zum Berufskraftfahrer. Aktuell sind es bundesweit 35 BKF-Azubis. „Gerade da haben wir viel mehr Kapazitäten, um auszubilden, denn mit unseren rund 400 eigenen Fahrzeugen haben wir als einer der wenigen Logistiker überhaupt die Möglichkeiten dazu. Ausbildungsberufe in der Logistik sind in der breiten Öffentlichkeit gar nicht so ja bekannt. Und viel passiert hier eben über die Eltern. Wir bieten dazu auch ein duales Studium an. An so einem Tag wie heute können wir natürlich über alle Möglichkeiten direkt informieren.“

Teamfähigkeit und Disziplin durch Sport

„Wir wollen bekannter werden“, betont auch der Kölner Niederlassungsleiter Stephan Schwarz, der 2006 bei Emons selbst die Ausbildung begonnen hat. „Sport ist immer ein wesentlicher Bestandteil“, betont er. „Man lernt Teamfähigkeit und Disziplin. Eigenschaften, die man auch im Berufsleben benötigt. Wir nutzen diese Möglichkeit, Emons näher an die Jugend heran zu bringen, die Berufe interessant zu machen.“ Der Schwerpunkt liegt heute wieder auf dem Straßentransport, auch wegen der höheren Geschwindigkeit zwischen der Abholung und der Zustellung, nur im Italienverkehr nutzt Emons den Kombinierten Verkehr. „Unsere Fahrer können im Nah- und Fernverkehr arbeiten, auf Wunsch sogar europaweit. Aber sie sind in der Regel am jeweiligen Standort gebunden, können jeden Abend zuhause sein.“ So durchlaufen die meist jungen Azubis die typischen Stationen, sie erlernen zunächst die Technik des Lkw, die Abläufe in der Lagerhalle, sie sind dann relativ schnell mit einem Sprinter unterwegs, um die Zustellprozesse kennenzulernen. „Bei der Ausbildungsvergütung orientieren wir uns immer an der jeweiligen IHK und den Tarifabschlüssen.“

Junge Fahrer aus Afrika

Dennoch: Das Interesse der Jugend in Deutschland am Fahrerberuf – oft auch auf Grund der Arbeitsbedingungen – schwindet. „Wir gehen auf jede Ausbildungsmesse“, so Bauer, „wir sind in jeder Schule, wir fahren sogar mit den Lkw dorthin, wir finden aber hier kaum junge Menschen, die diese Ausbildung machen wollen.“ Dazu kommt das in den letzten Monaten immer wieder diskutierte Thema des Fachkräftemangels. Der für deutsche Firmen interessante Fahrermarkt aus Polen, Rumänien und Bulgarien erschöpft sich allmählich. Die litauischen und polnischen Flotten rekrutieren immer öfter Fahrer aus Drittstaaten mit allen bekannten Problemen. „Deshalb haben wir bereits 2022 unser Projekt „WhyNotLogistics“ begonnen und bereits im letzten Jahr zum Ausbildungsbeginn eine Pilotgruppe von acht jungen Männern aus der Demokratischen Republik Kongo eingestellt. Vier dieser jungen Männer, die auch heute hier Fußball spielen, sind an unserem Standort in Himmelkron stationiert, vier in Villingen. Die sind allerdings gerade in Breisach im Berufsschulunterricht und konnten daher leider nicht mitspielen.“

Sprachkurse vor Ort

Christiane Bauer ist zunächst nach Kinshasa gefahren, der Hauptstadt des Kongo. Sie hat dort bei den zuständigen Stellen seriös über das Projekt informiert, interessierten jungen Menschen eine vernünftige Ausbildung in Deutschland zu garantieren. „Diese jungen Menschen, die uns natürlich auch vertrauen, machen bei uns die klassische dreijährige Ausbildung mit dem entsprechenden Abschluss. Damit wollen wir sicherstellen, dass sie sich in den drei Jahren voll integrieren und den Beruf wirklich fachlich gut lernen. Also nicht einfach schnell, schnell, schnell und dann auf die deutschen Straßen loslassen.“

Das ist zunächst im Kongo natürlich gut angekommen. „Denn in Afrika sind auch viele korrupte Personalvermittler unterwegs, die für 1.000 Dollar einen Ausbildungsplatz in Deutschland versprechen. Unsere Bewerber müssen natürlich nichts bezahlen.“ Es ist ein Engagement mit viel Herzblut, dass sich natürlich nicht jedes deutsche Transportunternehmen so leisten kann. Konkrete Zahlen nennt Bauer nicht. Nur so viel: „Wir zahlen den Flug zur Einreise nach Deutschland, den ersten Sprachkurs über das Goethe-Institut im Heimatland, die Unterkunft während der Ausbildung, den Pkw-Führerschein und wir stellen einen Laptop für die Zeit des Online-Deutschunterrichtes zur Verfügung.“

Neben den Besuchen vor Ort hat Bauer den Link für das Projekt über das Goethe-Institut gestreut und natürlich über die sozialen Medien verbreitet. Mit Erfolg, wie Christope und Live in einer Spielpause im Gespräch auch mit Christiane Geritan von der Außenstelle Köln des Nürnberger Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, BAMF, in bereits erstaunlich gutem Deutsch erzählen. In seinem Fall hat ein Chirurg in einem Krankenhaus im Ostkongo von dem Projekt erfahren und den Link weitergeleitet, bei Live war es sein Onkel. Im Bereich der Integration ist das BAMF quasi das Kompetenzzentrum für Sprachen. „Wir sind für die Menschen da, die nach Deutschland kommen und kein Deutsch können“, so Geritan. „Wir bieten Integrationskurse, Sprachkurse und Orientierungskurse, also wie die Gesellschaft funktioniert. Darauf bauen die Berufssprachkurse auf, sie dienen der Erleichterung der Arbeitsvermittlung. Diese ersten acht jungen Leute werden durch das BAMF vor Ort mit ausbildungsgleitendenden Sprachkursen unterstützt.“ Ihr Sohn arbeitet ebenfalls bei Emons, das gab den ersten Impuls.

Intensives Onboarding

Von einem Team aus Mitarbeitern von Emons und dem BAMF vor Ort wurden auch die acht jungen Männer aus dem Kongo bereits im letzten Jahr intensiv eine Woche lang auf das Leben in Deutschland vorbereitet. Das geht vom Kaufen eines Bahntickets bis hin zur speziellen deutschen Mülltrennung. Dazu gab es Erste-Hilfe-Kurse, die Vorstellung der eigenen Länder oder immer wieder Wochenendschulungen, wie etwa die Demonstration der Gefahr des „Toten Winkels“ vor oder neben dem Lkw. Die beiden jedenfalls fühlen sich wohl in Deutschland. Bislang haben sie vor allem im Lager gearbeitet. Für Christope ist es die erste Ausbildung, er musste zunächst den Pkw-Führerschein neu machen, denn seiner wird in Deutschland nicht anerkannt. „Ich hoffe, dass ich weiter in Deutschland arbeiten werde, im August beginnt meine Berufsschule mit einem deutschen Lehrer. Im Anschluss erfolgt die Lkw-Ausbildung. Endlich.“ Man spürt, er ist heiß darauf. Auch in Himmelkron bei Bayreuth, für manche Touristen mitten im Urlaubsgebiet gelegen, fühlt er sich wohl, anerkannt von den Einwohnern. „Leider gibt es hier im Ort nur eine Frauenfußballmannschaft. Wir müssen zum Training also in den Nachbarort fahren.“ Sein liebstes Fach in der Berufsschule ist Ethik.

Ein Fahrer muss gut mit Zahlen umgehen können

Für Emons war das Pilotprojekt bislang ein Erfolg, nun kommen für das neue Jahr bereits 26 neue Auszubildende dazu. Aus Burkina Faso und der Demokratischen Republik Kongo. Ab dem 24. Juni bekommen sie in Himmelkron eine Woche lang ihr Onboarding. „Sechs Leute bringen wir zudem bei befreundeten Logistikern unter, die unser Projekt ebenfalls gut finden“, so Bauer. „Wir haben uns auf die Zielgruppe spezialisiert, die gerade mit der Schule fertig geworden sind. Die in ihren Ländern in der Wirtschaft keine Lebensperspektive haben. Die kommen mit einer ganz anderen Wertschätzung und Dankbarkeit nach Deutschland.“

Auch Live lobt die engen Kontakte mit den Leuten von Emons und den Fahrern, mit denen er später auch als Fahrer zusammenarbeiten wird. Sein liebstes Fach in der Berufsschule ist Mathematik. „Denn ein Fahrer muss gut mit Zahlen umgehen können“, sagt Live. „Ich bin gerne in Deutschland.“ Nach der Ausbildung würde er dennoch vielleicht gerne zu Emons nach Köln wechseln. Und dann sagt er diesen einen Satz, der wahrscheinlich ein wenig den Unterschied zu den gleichaltrigen deutschen Auszubildenden aus der viel diskutierten Generation-Z erklärt. „Ich bin mir für nichts zu schade.“

Unsere Experten
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Experte für Flottenmanagement und angewandte Mobilitätsangebote Rolf Lübke Mobilität, Fuhrpark (inkl. Wasserstoff-Expertise)
Who is Who
Who is Who Nutzfahrzeuge 2019 WHO IS WHO Nutzfahrzeuge

Alle Hersteller, Zulieferer und Dienstleister für Nutzfahrzeugflotten.

Kostenloser Newsletter
eurotransport Newslettertitel Jetzt auswählen und profitieren

Maßgeschneidert: Die neuen Themen-Newsletter für Transportprofis.

Betriebsstoffliste 2023
Mehr als 2.500 Produkteinträge

Immer auf dem neuesten Stand: Die DEKRA Betriebsstoffliste 2023

eurotransport.de Shop
Web Shop Content Teaser Der Shop für die, die es bringen.

Zeitschriften, Bücher, Lkw-Modelle, Merchandising und mehr.