Zweite Bodewig-Kommission legt Alternativen zur Reform der Fernstraßenverwaltung vor.
Das Ringen zwischen Bund und Ländern um eine Reform der Auftragsverwaltung Straße geht weiter. Vorläufig letzte Runde: Vorlage eines Szenarien- Berichts durch die im Auftrag der Länderverkehrsminister tätige Bodewig-II-Kommission "Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes" am Montag voriger Woche. Mit von der Partie in der begleitenden Diskussion: je ein Staatssekretär aus den Bundesministerien für Finanzen, Wirtschaft und Verkehr. Dabei sei es "teilweise heftig zur Sache gegangen", so ein Teilnehmer.
Sachliche Abwägung von drei Optionen
Der Szenarien-Bericht kann sich in jedem Fall sehen lassen. Er enthält nach Auffassung vieler Experten "eine sachliche Abwägung von drei Optionen", wie etwa die Infrastruktur- Initiative Pro Mobilität befindet. Einige Länder wollen dagegen eine "gewisse Bundeslastigkeit" erkennen. Bodewig selbst unterstreicht, um "größtmögliche Objektivität" bemüht zu sein. Er sehe sich als "eine Art Mediator", sagte er gegenüber trans aktuell. Zugleich verweist er darauf, dass es gegenwärtig noch nicht um einen Vorschlag der Kommission beziehungsweise um die Entscheidung für ein Modell gehe. Für ihn sei lediglich wichtig, dass jede neue Lösung besser sein muss als die gegenwärtige Situation. Gewiss spricht er damit allen Akteuren aus dem Munde.
Sein Bericht geht zunächst ausführlich auf die Ist-Situation ein. Dabei werden den Aufgaben "Nachholende Sanierung, Regelerhalt, Engpassbeseitigung, Netzvervollständigung und Betriebsmanagement" acht Problemfelder gegenübergestellt. Welche Vor- oder Nachteile beziehungsweise welchen jeweiligen Erfüllungsgrad die Kommission dann für die einzelnen Szenarien ausgemacht hat, geht aus einer weiteren Matrix hervor.
Ende Januar 2016 findet nächste Sitzung statt
Die nächste Sitzung der Bodewig-II-Kommission ist für Ende Januar 2016 anberaumt. Danach soll bis Mitte Februar der Endbericht gefertigt werden. Mit einem konkreten Vorschlag wollen die Länder in der zweiten Februarhälfte aufwarten. Allerdings lässt sich ein solcher aus dem vorgelegten Bericht bereits im Ansatz erkennen. Er konkretisiert ihre Vorstellungen zur Verbesserung der gegenwärtigen Situation in den Szenarien 1 (Weiterentwicklung der Auftragsverwaltung) und 2 (Kombination daraus mit einer zentralen Finanzierungsgesellschaft).
Der Bund weiß also, was länderseitig in den bevorstehenden Verhandlungen angesagt ist. Er selbst dürfte dabei für eine dem Szenario 3 (Bündelung der Aufgaben in einer bundeseigenen Gesellschaft für Autobahnen) nahekommende Version plädieren. Wobei die nur auf Autobahnen bezogene "Schmalspur-Version" eher den Vorstellungen von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) entspricht. Bundeswirtschafts- und Bundesfinanzministerium wollen mit der Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft eindeutig mehr, vor allem das Bundesstraßennetz ganz oder wenigstens teilweise einbeziehen.
Der CSU-Mann Dobrindt muss da zurückhaltender sein. Denn der Bayerische Landtag hat in einem Dringlichkeitsantrag der CSU eine Infrastrukturgesellschaft des Bundes gerade erst "entschieden" abgelehnt. Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich weiterhin für den Fortbestand der bewährten Auftragsverwaltung einzusetzen. Um damit nicht in Konflikt zu geraten, könnte Dobrindt die Bayerische Autobahn-Direktion als eine der vorgesehenen Regionalgesellschaften in eine Bundesautobahn-Gesellschaft integrieren. Man darf gespannt sein, ob dieser Schachzug gegebenenfalls gelingt.
Noch aber halten sich die zuständigen Bundesministerien mit offiziellen Äußerungen zurück. Eine einheitlich abgestimmte Linie haben sie noch nicht gefunden. Zum einen, weil notwendige Vorentscheidungen – Reform des Länderfinanzausgleichs zum Beispiel – noch ausstehen, zum anderen aber auch, weil angesichts der aktuellen Bundesparteitage von SPD und CDU niemand dieses komplizierte und sensible Thema öffentlich touchieren will.
Schließlich fehlen für eine gesichertere Beurteilung auch noch die Ergebnisse der vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegeben Gutachten über Rechtsfragen und Organisationsstrukturen. Deren Veröffentlichung ist für Januar angekündigt worden.
Wenn der Bund dann Anfang 2016 mit seinen konkretisierten Vorstellungen zu Potte gekommen sein sollte, wird Bodewig erneut gefragt sein. Denn er hat von der Länderverkehrsminister-Konferenz bereits den Auftrag erhalten, die Vorschläge des Bundes zu bewerten. Ein Ex-Bundesverkehrsminister als "eine Art Schlüsselfigur" im Ringen um die Reform der Auftragsverwaltung? Bodewig selbst mag das nicht so sehen. Tatsächlich aber könnten seine Erfahrung und ausgleichende Art dem schwierigen Thema endlich zum Durchbruch verhelfen.
Die Position des Deutschen Verkehrsforums
Das Deutsche Verkehrsforum (DVF) hat ein Positionspapier über „Rahmenbedingungen und Ausgestaltung einer Bundesfernstraßengesellschaft“ vorgelegt. Diese sollte vollständig im Bundeseigentum stehen, als „schlanke Managementgesellschaft“ etabliert werden und Planung, Finanzierung, Bau, Betrieb und Erhaltung der Bundesfernstraßen effektiv aus einer Hand steuern. Zugleich spricht sich das DVF für einen „Wettbewerb der Systeme“ und die Einbindung Privater aus. Dies bedeute ein Nebeneinander von Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) und konventioneller Realisierung sowie von Zentraler Planung und lokalem Handeln der Straßenbauverwaltungen vor Ort. Eine direkte Beteiligung privater Investoren im Rahmen von Fonds oder als Gesellschafter wird abgelehnt. Dagegen wird eine Beteiligungsmöglichkeit von Investoren im Rahmen von ÖPP-Projekten befürwortet.
Hier finden Sie in tabellarischer Form die drei Szenarien der Bodewig-Kommission.