Die BPW-Gruppe automatisiert den Transport. Mit digitaler Plombe von Idem Telematics oder Cargo Tracer vom Innovation Lab geht's voran.
Manche Innovation ergibt sich erst aus dem Zusammenspiel mehrerer Gewerke. Eine Prämisse, die sich BPW Bergische Achsen offenbar zu Herzen genommen hat. Auf der IAA Nutzfahrzeuge zeigte sich der Komponentenhersteller für Trailer auf jeden Fall in Erfinderlaune.
TC Track & Trace heißt etwa eine Lösung des BPW Innovation Lab, die vor allem kleinen und mittleren Speditionen den Einstieg in die Digitalisierung erleichtern soll. Mit dieser Minitelematik – tatsächlich handelt es sich um eine handliche Box namens Cargo Tracer – lassen sich Fahrzeuge orten, und dadurch lässt sich ihre voraussichtliche Ankunftszeit ermitteln. Der Clou: Der Cargo Tracer benötigt weder Stromanschluss oder SIM-Karte noch Antenne. Die Box wird lediglich am Fahrzeug befestigt, und schon kann’s losgehen.
Möglich macht das ein neuartiger Datenfunk. Genauer gesagt handelt es sich um die Ultra-Schmalband-Technologie von Sigfox. Die arbeitet sowohl daten- als auch energieoptimiert, sodass die Batterie laut BPW bis zu zwei Jahre hält. Die auf diese Weise gewonnenen Daten landen, wie bei der herkömmlichen Telematik auch, im Online-Portal Cargofleet von Idem Telematics. Die Track-&-Trace-Lösung eignet sich aufgrund der überschaubaren Kosten aber auch fürs Nachverfolgen auf Ladungsträgerebene. Etwa dann, wenn die Sendung besonders wertvoll oder empfindlich ist.
Gut gerüstet für Pharma-Transporte
Um oft wertvolle, auf jeden Fall aber um empfindliche Ware geht es bei Pharmatransporten. Für sie hat sich Idem Telematics eigens vom European Institute for Pharma Logistics (EIPL) nach der Good Distribution Practice (GDP) zertifizieren lassen, denn bei der „guten Vertriebspraxis von Human-Arzneimitteln“ gibt es neben einer lückenlosen Temperaturüberwachung noch weitere Vorgaben der Europäischen Kommission zu beachten. „Mit unserer Lösung haben wir auch den Fahrer im Blick sowie über GPS die Position des Fahrzeugs“, erklärt Heiko Boch, Leiter Produktmanagement bei Idem Telematics. Der Fuhrunternehmer bekomme dabei alles aus einer Hand. Das spare Zeit, nicht zuletzt weil eine aufwendige Nachqualifizierung entfalle. Stattdessen übernehme Idem Telematics die gesamte Kommunikation mit dem Qualifizierer.
Idem und EIPL geben eine Werkstatt vor, die den Einbau sowie die Kalibrierung der Temperaturfühler übernimmt – und alles entsprechend dokumentiert. „Das Vorgehen, das wir dafür nutzen, hat EIPL auf Tauglichkeit untersucht“, berichtet Boch. Auch die Einbaudokumentation und die korrekte Datenübertragung werden von EIPL verifiziert. „Der Kunde bekommt nach bestandener Prüfung ein Zertifikat, das die Pharmatauglichkeit der eingebauten Telematik und damit der Temperaturaufzeichnung bescheinigt. Er kann damit nachweisen, dass er eine GDP-konforme Temperaturaufzeichnung einsetzt“, erläutert Boch.
Digitale Plombe gegen Langfinger
Um auch wirklich auf Nummer sicher zu gehen, hat BPW weitere Lösungen im Regal. Hardwareseitig hilft da etwa ein Türverschlusssystem gegen Langfinger. Doch damit nicht genug, denn abseits der physischen Welt hat Idem Telematics eine sogenannte digitale Plombe entwickelt. Diese unsichtbare Sicherung des Kofferaufbaus dokumentiert ungeplante Türöffnungen.
Sicherheit wird im Transport aber auch abseits der pharmazeutischen Kühlkette großgeschrieben. Und da ein nicht unbeträchtlicher Teil von Schäden bis hin zu Unfällen auf unzureichende Ladungssicherung zurückzuführen ist, kam den Entwicklern im oberbergischen Wiehl die Idee zum sogenannten iGurt. Dabei handelt es sich um einen kleinen Sensor, der einfach auf die Zurrgurte aufgefädelt wird. Der iGurt misst dann die Vorspannkraft und zeigt sie auf dem Gehäuse, dem Smartphone des Fahrers und im Telematikportal von Idem an. Auf diese Weise lässt sich die Ladungssicherung permanent überwachen und lückenlos dokumentieren.
iGurt revolutioniert die Ladungssicherung
Nach Informationen von BPW ist bei rund 25 Prozent der Verkehrsunfälle im Schwerlastverkehr eine mangelnde Ladungssicherung die Unfallursache. Und bei mehr als 70 Prozent der kontrollierten Lkw haben die Ordnungshüter entsprechende Beanstandungen. Hohe Bußgelder mit kosten- und zeitintensiven Nachsicherungs- und Umladeaktionen seien die Folge, aber auch hohe Versicherungskosten. Mithilfe des iGurt ließen sich diese Schadensfälle minimieren und damit die Versicherungskosten senken.
Doch zurück zur Vernetzung: BPW setzt ab sofort auf den Mobilfunkstandard 4G (LTE). Der in die Jahre gekommene 2G-Standard, bei dem Mobildaten über GPRS mit maximal 53,6 kbit/s oder per Edge mit bis zu 220 kbit/s übertragen werden, hat ausgedient. Weiterhin unterstützt wird die dritte Generation. Namentlich sind das UMTS, HSDPA und HSDPA+, die jeweils einen Datendurchsatz von 384 kbit/s über 7,2 Mbit/s bis zu 42 Mbit/s ermöglichen. „Auch wenn wir diese Übertragungsgeschwindigkeiten aktuell noch nicht brauchen, sind wir damit für die Zukunft gut gerüstet“, erklärt Boch. Denn wer kann aktuell abschätzen, was die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Gewerke in der BPW-Gruppe im weiteren Verlauf für Innovationen mit sich bringen wird?
Das Unternehmen
- BPW Bergische Achsen mit Stammsitz in Wiehl beschäftigt mehr als 1.600 Mitarbeiter
- Neben Fahrwerkssystemen für Lkw-Anhänger und -Auflieger kümmern sich einige Firmen der BPW-Gruppe um die Digitalisierung
- Die Telematiktochter Idem Telematics hat dabei sowohl die gezogene als auch die ziehende Einheit im Blick
- Das BPW Innovation Lab forscht in einer Art Querschnittsfunktion an neuen IT-Lösungen für die Branche
- Im Zusammenspiel mit der Mechatronikabteilung kam es etwa zur Lösung iGurt