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Deutsche Umwelthilfe fordert Maut-Ausweitung Für Pkw und Lkw auf allen Straßen

Maut für Lkw und Pkw auf Landstraßen Foto: Matthias Rathmann; Montage: Marcus Zimmer

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert eine Maut für alle Straßen und Fahrzeuge – egal ob Lkw oder Pkw. Was Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sagen. Und welche Schlaglöcher beim Realisieren drohen.

Anlässlich der Erweiterung der Lkw-Maut auf Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen zum 1. Juli 2024 fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine Ausweitung der Straßennutzungsgebühr für Lkw auf das gesamte Straßennetz. Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation fordert zusätzlich die Einführung einer Maut für Pkw, deren Höhe sich wie die Lkw-Maut an der zurückgelegten Fahrtstrecke orientiert.

Lkw soll wie die Bahn jeden Kilometer bezahlen

„Während aktuell nur gut die Hälfte der Lkw-Fahrleistung auf gebührenpflichtigen Straßen zurückgelegt wird, werden beim Schienenverkehr auf 100 Prozent des Schienennetzes Gebühren erhoben“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Um die verbindlichen CO₂-Vorgaben des Klimaschutzgesetzes einhalten zu können, sei darüber hinaus auch eine Pkw-Maut vonnöten. Diese sei, so die DUH, auch in Deutschland rechtssicher möglich. Laut einer Studie des Schweizer Forschungs- und Beratungsunternehmens Infras im Auftrag von Agora Verkehrswende könnte die Pkw-Jahresfahrleistung so um etwa 15 Prozent reduziert werden.

Föderaler Flickenteppich erschwert das Vorhaben

Bei der pauschalen Forderung der Deutschen Umwelthilfe nach einer Maut für alle Lkw, leichten Nutzfahrzeugen sowie Pkw auf allen Straßen gibt es allerdings einige Schlaglöcher. Davon wären nämlich nicht nur die Bundes-Autobahnen und -Straßen betroffen. Schon bei den Landstraßen wären föderale Interessen und Zuständigkeiten zu bedenken. Oder anders ausgedrückt: Gleich 16 Bundesländer beziehungsweise deren Verkehrsminister und Ministerien wären mit im Boot.

Änderungen an der Maut sind aufwändig

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Bereits die aktuelle Einführung einer Maut für Fahrzeuge ab einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen zum 1. Juni 2024 hat gezeigt, dass Maut-Änderungen nicht ganz trivial sind. Mit Blick auf die Lkw wäre die Ausweitung technisch relativ einfach umzusetzen: Die Fahrzeuggeräte mit GPS und Mobilfunk liefern die Daten die wie gehabt, die dann im Rechenzentrum verarbeitet werden. Allerdings wären bei einer Ausweitung auf Landesstraßen noch rechtliche Aspekte zu klären.

Möglichkeiten einer flächendeckenden Pkw-Maut

Mit Blick auf die von der DUH ebenfalls geforderte Pkw-Maut wäre das Vorhaben zumindest dann denkbar, wenn die Politik diese mit derselben Grundidee wie die Lkw-Maut eingeführt. Das heißt: Mautgeräte in den Fahrzeugen installieren und auf Basis von GPS eine streckenbasierte Maut erheben. Bei einer Vignetten-Lösung für Pkw, also die ehemals geplante Infrastrukturabgabe in Deutschland, gäbe es diese Hürde wiederum nicht. Ebenfalls denkbar wäre eine Lösung mit Mautstellen an der Auf- und Abfahrt von einer Autobahn, wie in Südeuropa gängige Praxis. Dann bleiben Landstraßen & Co. allerdings unberücksichtigt.

IT hätte ein Vielfaches an Maut-Daten zu verarbeiten

Des Weiteren müsste auch die IT hinter den bereits bestehenden IT-Systeme deutlich ausgebaut werden. Sind auf Deutschlands Straßen täglich etwa 1 Million Lkw unterwegs, kämen dann ein Vielfaches an Pkw-Daten hinzu. Wie viele Autos jeden Tag unterwegs sind, ist dabei nicht eindeutig zu beantworten. Laut Statista lässt sich zumindest sagen, dass Anfang 2024 rund 49,1 Millionen Pkw in Deutschland zugelassen waren. Wie das dann mit der Abrechnung mit Blick auf den föderalen Flickenteppich funktionieren soll, dürfte den Verantwortlichen ebenfalls weiteres Kopfzerbrechen bereiten.

NRW wollte Lkw-Maut auf Landesstraßen

So ganz neu ist die Idee der Maut auf das nachgelagerte Straßennetz allerdings nicht. Tatsächlich hatte das Land Nordrhein-Westfalen vor rund 10 Jahren selbst schon eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Landes- und Kommunalstraßen gefordert. Der damalige NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) wollte mit dem erhofften Geldsegen die Verkehrsinfrastruktur sanieren. Er war von 2012 bis 2017 Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen.

Aktuell gibt’s aus NRW für die DUH-Idee eine Abfuhr

Seit 29. Juni 2022 ist Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr in NRW. Der kann der Idee seines Vor-Vorgängers wenig abgewinnen. Auf Anfrage von eurotransport.de gibt sich das aktuelle Verkehrsministerium des Landes kurz angebunden: „In Nordrhein-Westfalen gibt es keine Planungen zur Ausweitung der Lkw-Maut auf Straßen nach Landesrecht.“ Von einer Pkw-Maut ist da erst recht keine Rede.

Die Grünen im Ländle wollen Lkw-Maut ausweiten

Und wie sieht’s in Baden-Württemberg aus? Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann hatte jedenfalls bereits Ende 2023 einen entsprechenden Vorstoß unternommen. Er wollte die Lkw-Maut von Autobahnen und Bundesstraßen auf alle Straßen ausweiten und kündigte an, dies notfalls auch im Alleingang zu machen.

Das ist der aktuelle Stand in Baden-Württemberg

Auf Anfrage von eurtransport.de heißt es seitens des baden-württembergischen Verkehrsministeriums: Im Koalitionsvertrag ist beschlossen worden, eine Lkw-Maut auf Landes- und Kommunalstraßen nach Schweizer Vorbild für Lkw mit mehr als 7,5 Tonnen auf den Weg zu bringen, sofern dies nicht auf Bundesebene bereits angegangen wird. Das ist derzeit nicht der Fall.

Keine bundesweite Regelung der Maut in Sicht

Trotz mehrerer Initiativen in der Verkehrsminister-Konferenz und im Bundesrat sei allerdings keine bundesweite Regelung in Sicht. Der Ministerrat habe im November 2022 ferner das Eckpunktepapier der Landesregierung zum Landeskonzept Mobilität und Klima beschlossen und darin bekräftigt, dass das Land in diesem Fall in der zweiten Hälfte der aktuellen Wahlperiode des Landtags eine entsprechende Landesregelung zur Lkw-Maut anstrebe. Doch auch im Ländle bleiben die Pkw bei der Maut außen vor.

Einnahmequelle zur Straßensanierung notwendig

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„Dies ist auch mit Blick auf den Finanzierungbedarf bei der Sanierung der Straßen- und Brückeninfrastruktur sowie für die Finanzierung der Transformation auf E-Lkw und den Aufbau der entsprechenden Ladeinfrastruktur sinnvoll“, heißt es in der Antwort des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg. Beide Zukunftsaufgaben seien finanzielle Herausforderungen, für die es neue Einnahmequellen brauche, „da sie aus dem Landeshaushalt allein nicht finanziert werden können“.

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