Auf der IAA Nutzfahrzeuge 2018 waren Neuheiten rar gesät, klagt Kolumnist Prof. Heinz-Leo Dudek in der TeleTraffic.
Die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover ist nun wahrlich kein Touristenmagnet. Darum haben schlaue Stadtmanager Events wie die Cebit und die IAA Nutzfahrzeuge erfunden, um wenigstens für ein paar Tage im Jahr „Full House“ zu haben. So sind denn auch über eine Viertelmillion Besucher Ende September zur IAA gepilgert und haben horrende Übernachtungspreise akzeptiert, um sich bei mehr als 2.000 Ausstellern über die Branchenneuheiten rund um den Lkw zu informieren. Und da drehte sich – natürlich neben Dieselschadstoffklassen – viel um E-Mobilität, autonomes Fahren und Connectivity.
Man sollte also meinen, dass sich dort auch die Telematiker ein Stelldichein gegeben hätten, um mit Flottenbetreibern ins Gespräch zu kommen und neue Funktionen zur Optimierung des Fahrzeugeinsatzes vorzustellen. Doch weit gefehlt. Nur ein gutes Dutzend aus dem fragmentierten Markt der Flottentelematik war in Halle 25 vertreten, leicht versteckt hinter chromblitzenden Tank- und Silofahrzeugen.
Hinzu kamen noch eine Handvoll Telematikanbieter, die sich als Tochterunternehmen eines Fahrzeugherstellers oder Zulieferers auf dem Messestand des Mutterkonzerns präsentieren durften. Insgesamt aber war das zahlenmäßig enttäuschend. Und inhaltlich? Nun ja, revolutionäre Neuerungen waren nicht zu verzeichnen, oder sie waren gut versteckt. Eher wurde die x-te Überarbeitung des Telematikportals oder eine neue Hardwareplattform für den Bordrechner als Neuerung verkauft. Manche als „neu“ bezeichnete Systemfunktion oder -eigenschaft muss eher unter „me too“ verbucht werden, weil die Marktbegleiter das schon längst haben.
Nur wenige Schmankerl auf der IAA 2018
Allerdings, ein paar Schmankerl waren doch zu sehen. Ein Beispiel ist die Smart-Scan-Funktion, die der Trailerhersteller Krone vorstellte. Mit einer Kamera oberhalb der Frachttür wird der Innenraum des Trailers regelmäßig abgelichtet und das Bild zur Zentrale übertragen. Dem Disponenten wird damit auch ein visueller Eindruck vom Ladezustand beziehungsweise von der Auslastung ermöglicht.
Ebenfalls einen Fokus auf die Ladung beziehungsweise deren Sicherung hat das iGurt-System von BPW. Mit Dehnmessstreifen werden die Verzurrkräfte in den Gurten zur Ladungssicherung gemessen und dem Fahrer im Sinne einer Ampelfunktion auf seinem Smartphone dargestellt. Pfiffig! Auch eine smarte Idee ist die „digitale Plombe“ von BPW-Tochter Idem Telematics, mit der unbefugtes Öffnen von Frachttüren im Sinne einer virtuellen Plombe rein über die vorhandene Türsensorik registriert wird.
Eine positive Überraschung waren die bei RIO (vormals MAN, jetzt als Marke zur Traton-Gruppe gehörend) gezeigten Funktionen zur Prozessüberwachung und -steuerung. Nach den schier endlosen Ankündigungen und unzähligen Powerpointpräsentationen der vergangenen Jahre sind nun tatsächlich konkrete Funktionen, wie etwa RIO View zur Transportauftragssteuerung, im Angebot.
Der Anspruch von RIO ist ja auch nicht, ein weiterer Telematiker zu sein, sondern in der Breite digitale Lösungen für das komplette Ökosystem Transport und Logistik zu bieten. Das ist allerdings ein Weg, den auch andere Anbieter gehen wollen. So hat jüngst Dako die Akquisition eines Logistiksoftware-Unternehmens bekannt gegeben, um digitale Branchenlösungen für Transport und Logistik anbieten zu können. Telematik ist also künftig mehr als nur Bordrechner und ein Portal mit Kartendarstellung.
Ach ja, das war auch eine IAA-Neuigkeit: Vier tapfere Telematiker (Couplink, LOSTnFOUND, Yellowfox und Navkonzept) haben den Interessenverband Open Telematics gegründet, um die Schnittstelle zwischen Telematik einerseits und der ERP-/TMS-Welt andererseits zu standardisieren. „Schaun mer mal“, ob sich genügend weitere Telematiker finden, um eine kritische Masse zu erreichen.