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Künstliche Intelligenz bei Fiege Erst vorbereiten, dann nutzen

Foto: Fiege

Kenza Ait Si Abbou treibt beim Logistikdienstleister Fiege das Thema Künstliche Intelligenz voran. Dazu gehört auch die Regulierung der Technologie.

Wie die Logistikbranche zu Künstlicher Intelligenz (KI) steht? „Wir finden es super und wollen es am liebsten sofort“, beantwortet Kenza Ait Si Abbou die Frage mit einem Augenzwinkern. So laute zumindest das allgemein vorherrschende Stimmungsbild, auch wenn es so einfach leider nicht sei. Die 43-Jährige ist seit September 2023 im Fiege-Vorstand für die Geschäftseinheit Digital Services, den Bereich IT und für das Thema Data Driven Company verantwortlich. Der Grevener Logistikdienstleister will mit ihrer Hilfe das Thema KI im Unternehmen vorantreiben. „Mich hat es gereizt, so viel Gestaltungsspielraum zu haben“, sagt Ait Si Abbou.

Kenza Ait Si Abbou, Fiege, KI, Künstliche Intelligenz Foto: Hendrik Gergen
Kenza Ait Si Abbou treibt bei Fiege das Thema KI voran.

Bei der Automatisierung sei Fiege schon sehr weit. Jetzt gehe es unter anderem darum, auch Anwendungsfälle in der Intralogistik, Personalplanung oder Routenplanung weiter zu optimieren und Datenprodukte im Reportingbereich noch intelligenter zu machen. So werden laut Ait Si Abbou nicht nur die internen Abläufe verbessert. „Die Auswertungen helfen auch unseren Kunden“, sagt die Ingenieurin.

Aufklärung ist bei KI wichtig

Momentan schafft sie gemeinsam mit ihrem Team die Grundlagen für den Einsatz von KI im 150 Jahre alten Familienunternehmen aus dem westfälischen Greven. Dabei gilt die Reihenfolge: Erst die Menschen sensibilisieren und schulen, dann die Technologie nutzen. „Aufklärung ist total wichtig“, sagt Ait Si Abbou.

Standort Greven-Reckenfeld, Fiege, Autostore Foto: Fiege
Die Automatisierung ist nur der erste Schritt: Autostore am Fiege-Standort in Greven-Reckenfeld.

Die Nutzung von ChatGPT ist bei Fiege zum Beispiel bislang nicht erlaubt. Zu viele vertrauliche Inhalte könnten sonst nach Außen gelangen. Stattdessen arbeitet das Unternehmen momentan an einer Lösung, die die notwendige Datensicherheit gewährleistet. Denn das Potenzial von Chatbots – also Programmen, die KI zur Kommunikation mit den Nutzern verwenden – habe der Kontraktlogistiker natürlich erkannt. Mittlerweile ist KI aber nicht mehr nur in der Lage, mit Menschen zu kommunizieren – sie kann sie auch lesen. Darüber schreibt Ait Si Abbou in ihrem aktuellen Sachbuch „Menschenversteher: Wie Emotionale Künstliche Intelligenz unseren Alltag erobert“. Anhand verschiedener Parameter wie Mimik, Augenbewegungen, Stimme, Wortwahl, Puls oder der Leitfähigkeit der Haut erkennen Maschinen die Gefühlslage von Menschen. „Dieses Wissen über den Menschen verbessert die Interaktion zwischen Mensch und Maschine.“

Zwei intelligente Pick-Roboter hat Fiege Ende vergangenen Jahres neben einem Autostore und einer vollautomatischen Verpackungsmaschine mit angeschlossener Fördertechnik am Standort Greven-Reckenfeld in Betrieb genommen. Insgesamt arbeiten bereits über 1.000 Roboter an den weltweit 135 Fiege-Standorten. Humanoide Roboter, die auch optisch Menschen ähnen, gibt es bislang allerdings noch nicht.

KI zur Vernetzung der Supply Chain

Eine weitere Einsatzmöglichkeit von KI ist die Vernetzung der Supply Chain, um diese noch intelligenter und nachhaltiger zu gestalten. „Das ist einer der größten Hebel, um beim Thema Nachhaltigkeit etwas zu erreichen.“ Bei der Implementierung geht Ait Si Abbou pragmatisch vor. „So wie die Logistik eben ist – Ärmel hochkrempeln und los geht‘s.“

Vor ihrem Einstieg bei Fiege war die KI-Expertin rund zehn Jahre lang in verschiedenen Positionen bei der Deutschen Telekom und knapp zwei Jahre beim IT-Konzern IBM beschäftigt. Ihre Liebe zur Mathematik hat sie schon in der Schule entdeckt, die zur KI hat sich mit der Zeit entwickelt. „Ich habe vor einigen Jahren gemerkt, dass es zum Thema KI wenig einfache und verständliche Literatur gibt.“

Über Potenziale und Risiken aufklären

Ihr Name hat sich in Verbindung mit dem Bereich Künstliche Intelligenz, oder im Englischen: Artifical Intelligence, etabliert. Sie gilt als Vorreiterin, um die breite Öffentlichkeit über Potenziale und Risiken aufzuklären, wird in Talkshows eingeladen und hat mehrere Sachbücher zum Thema geschrieben. Bei Linkedin folgen Ait Si Abbou rund 20.000 Menschen. Das berufliche Netzwerk nutzt sie für die direkte Kommunikation und den Austausch. „Ich überlege aber sehr genau, was ich poste.“ Dabei geht es neben KI-Themen auch um den Support von Frauen in MINT-Berufen und in Führungspositionen. „Mehr Diversität am Entscheidungstisch“, lautet ihr Credo. Auch zum Thema Diversität hat sie an einem Beststeller mitgewirkt, im März ist der zweite Band erschienen.

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Wie es beim Thema KI in den nächsten Jahren weitergeht, bleibt abzuwarten. „Menschliches Verhalten ist nicht vorhersehbar“, so Ait Si Abbou. Nur, weil es eine technologische Lösung gebe, heiße das nicht, dass sie sich auch durchsetze. „Keiner kann heute schon wissen und seriös vorhersagen, was in zehn Jahren passiert und in welcher Form KI dann unser Leben bestimmt.“ Aber für den Moment könne Künstliche Intelligenz die Menschen bei vielen Problemen unterstützen und Lösungen liefern – und daran arbeitet sie mit ihrem Team weiter mit Hochdruck.

Zur Person

  • Kenza Ait Si Abbou wuchs in Marokko auf und studierte Elektrotechnik in Spanien und Deutschland.
  • Die 43-Jährige spricht sieben Sprachen: Arabisch, Französisch, Spanisch, Mandarin, Englisch und Deutsch fließend sowie Katalan.
  • Sie erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen. 2020 wurde sie vom Wirtschaftsmagazin Capital in die Liste „Top 40 unter 40“ aufgenommen. Das Handelsblatt kürte sie im Jahr 2021 zur „Vordenkerin der Transformation“.
  • Außerdem ist sie Spiegel-Bestseller-Autorin und hat drei Bücher zum Thema Künstliche Intelligenz veröffentlicht.

Das KI-Gesetz

Das Europäische Parlament hat im März ein umfassendes KI-Gesetz beschlossen. Es soll den Einsatz von KI stärker regulieren und Transparenz schaffen. Die wichtigsten Beschlüsse:

  • KI darf Menschen nicht in Gruppen einteilen (zum Beispiel nach der Hautfarbe oder politischen Ansichten).
  • Es gibt sogenannte Hochrisiko-Anwendungen (darunter Autonome Fahrzeuge oder die Personal-Rekrutierung), die stark reguliert werden.
  • KI-generierte Texte oder Bilder müssen als solche gekennzeichnet sein.
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