Mit dem Lkw zum Truck-Festival Graubereich zwischen privat und gewerblich

Foto: Johannes Roller, Tom Döhler, Montage: Florence Frieser
Meinung

Der 37. Truck-Grand-Prix war wieder einmal ein Erfolg. Nur in den sozialen Medien gab es Unstimmigkeiten über eine vor Ort käuflich zu erwerbende Ausnahmegenehmigung vom Sonntagsfahrverbot für Lkw.

Ein Highlight der diesjährigen Festivalsaison war bislang ohne Zweifel der 37. Truck-Grand-Prix am Nürburgring in der Eifel. Bereits am Donnerstag reisten die ersten Fahrer mit ihren Lastzügen aus ganz Deutschland an und bereiteten die individuellen innbetrieblichen Partys in der Müllenbachschleife oder auf dem Parkplatz B 3 vor. Manche Auflieger waren komplett mit Betten ausgestattet, andere brachten Campingausrüstung oder Verpflegung natürlich inklusive alkoholischer Getränke mit.

Für viele Firmenchefs ist der Truck-Grand-Prix eine besonders gute Gelegenheit, im privaten Kreis mit ihren Fahrerinnen und Fahrern feste zu feiern und dabei etwas fürs Betriebsklima zu tun. Bis der Spaß am Sonntag wieder vorbei ist und der Ernst des Lebens oder der Zeitplan der Logistik die Oberhand gewinnt.

Anreise von Nah und Fern

Für die meisten umliegenden Transportunternehmen ist es kein Problem, einen Teil der Flotte übers Wochenende in die Eifel zu verlagern. Auch die bei Leerfahrten anfallenden Mautkosten sind in der Region erträglich, schlagen im Fernverkehr natürlich eher zu Buche. Manche von weit her anreisende Unternehmen nahmen daher eine Ladung mit in die Region und gönnten dem Fahrer dann in der Regel eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit im Lkw, denn im Rahmen einer gewerblichen Fahrt ist das Verbringen der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit im Lkw im Prinzip auch nicht gestattet. Auch wenn das BALM dort sicher nicht am Wochenende kontrolliert.

Alles eine Frage der guten und rechtzeitigen Planung. Dann heißt es, warten bis 22 Uhr, also bis zum offiziellen Ende des Sonn- und Feiertagsverbots für Lkw. Oder in der wiedereinkehrenden Ruhe, wenn alle anderen abgereist sind, auszuschlafen, um am nächsten Morgen beim Kunden auszuladen.

Wirbel in den sozialen Medien

Daher sorgte während des Festivals ein Angebot des ADAC zusammen mit dem zuständigen Kreis Ahrweiler für Aufregung. Denn für 20 Euro konnte man eine für die vorzeitige Abreise am Sonntag ab 16 Uhr ausgestellte Ausnahmegenehmigung erwerben. Nur im Kleingedruckten des Antrags stand, dass sich diese Ausnahme lediglich auf Fahrten ohne Ladung – inklusive einer Campingausrüstung – bezieht. Einige Protagonisten schrieben daher, dass eine Privatfahrt zum Festival doch per se erlaubt sei. In vielen Fahrergruppen war die Aufregung groß.

Die Antwort der Behörde

Deshalb habe ich mich an die Pressestelle des Kreises Ahrweiler gewandt und zunächst diese Antwort bekommen:

„Der Straßenverkehrsbehörde der Kreisverwaltung Ahrweiler ist der Wortlaut des § 30 Abs. 3 StVO bekannt. Dort heißt es in Satz 1, dass an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 00:00 Uhr bis 22:00 Uhr zur geschäftsmäßigen oder entgeltlichen Beförderung von Gütern einschließlich damit verbundenen Leerfahrten, Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 7,5t sowie Anhänger hinter Lastkraftwagen nicht geführt werden dürfen.

An diesen Personenkreis der Kraftfahrenden richtet sich die Ausgabe der Ausnahmegenehmigungen. Nicht jede Teilnehmerin oder jeder Teilnehmer am Truck-Grand-Prix nimmt aus privaten Beweggründen teil, sondern mit der Zielsetzung, die den Bestimmungen des § 30 StVO zuzuordnen sind. Von Seiten der Behörde wird vorausgesetzt, dass den Kraftfahrenden die Regelungen der StVO bekannt sind und nur diejenigen eine Ausnahmegenehmigung vom Sonntagsfahrverbot erwerben, die eine solche benötigen.

Daher handelt es sich um eine Serviceleistung der Straßenverkehrsbehörde der Kreisverwaltung Ahrweiler bei der Großveranstaltung Truck-Grand-Prix vor Ort, die Ausstellung einer Ausnahmegenehmigung vom Sonntagsfahrverbot zu ermöglichen. Keine Teilnehmerin oder kein Teilnehmer des Truck-Grand-Prix wird gezwungen oder gedrängt, eine solche Genehmigung zu erwerben. Die Rückmeldungen seitens der Kraftfahrenden über diese Serviceleistung vor Ort sind aus Sicht der Kreisverwaltung durchweg positiv.“

Insgesamt wurden laut Auskunft der Behörde an diesem Wochenende 307 Ausnahmegenehmigungen erteilt.

„Im Rahmen der Erteilung der Ausnahmegenehmigungen wurden die Zielorte gemäß den Angaben der Antragstellenden geprüft und festgelegt. Die Zielorte waren hierbei verschiedener Art, in der Regel die Betriebssitze der Antragstellenden, aber auch Entladestellen.“

Grundsätzliche Fragen zu Privatfahrten

Da in diesem Jahr noch so mache Festivals anstehen, habe ich einmal mehr den Stuttgarter Berater für viele rechtlich relevanten Fragen rund um die Logistik, Götz Bopp, um eine Einordnung gebeten. Seine sehr ausführliche Ausarbeitung zum Thema Privatfahrten kann ich nur empfehlen. Einen Abschnitt daraus darf ich hier in meinem Blog zitieren.

In Detailbereichen wie beispielsweise beim Sonn- und Feiertagsfahrverbot gemäß §30 Absätze 3 und 4 StVO besteht eine Abweichung, da davon lediglich die geschäftsmäßige oder entgeltliche Beförderung von Gütern betroffen ist. „Das bedeutet in der Tat, dass privat motivierte Fahrten vom Sonn- und Feiertagsfahrverbot in Deutschland grundsätzlich ausgenommen sind, unabhängig von der zulässigen Höchstmasse des eingesetzten Fahrzeuges.“ Auch Zugfahrzeug-Anhänger-Kombinationen, etwa ein Gliederzug oder ein Sattelzug mit 40 t zulässiger Höchstmasse sind bei privaten Fahrten ausgenommen.

Ein ausgelassenes Wochenende mit Gleichgesinnten

Eine Definition „nichtgewerblicher“ Fahrten besteht im Straßenverkehrsrecht nicht. Vielmehr findet eine Negativabgrenzung statt. Die Fahrt beziehungsweise Beförderung darf also weder geschäftsmäßig noch entgeltlich sein. Doch wie lässt sich das greifbar machen?

„Nehmen wir das Beispiel „Truck-Grand-Prix am Nürburgring“, so Bopp. „Insbesondere an der Müllenbachschleife sind bei dieser Veranstaltung zahlreiche Fahrzeuge zahlreicher Frachtführer, die von den Fahrern säuberlich in Reih und Glied positioniert werden, anzutreffen. Sinn und Zweck der Übung ist es, ein ausgelassenes Wochenende mit Gleichgesinnten zu verbringen.“

Unter den Beteiligten, also der Unternehmer und seine Fahrer, besteht Konsens, dass der Besuch des Truck-Grand-Prix keine unternehmerische Pflichtveranstaltung, sondern Privatvergnügen der Fahrer ist. Die dort verbrachte Zeit ist der Freizeit der Fahrer zuzuordnen und insoweit nicht Teil der Arbeitszeit – wobei eine Aufzeichnungspflicht hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeiten besteht. Sie wird jedenfalls nicht entlohnt und im Zusammenhang mit der An- und Rückreise zum/vom Nürburgring finden keine gewerblichen Beförderungen für Dritte gegen Entgelt statt.

Güter im Privatbesitz

Die gegebenenfalls beförderten Güter sind im Privatbesitz der Fahrer oder es handelt sich um Güter, die für private Zwecke der Fahrer genutzt werden, also Stuhl und Tisch, Geschirr, Grill oder mobile Kochgelegenheit, Getränke, Essen. „Bestenfalls erstellt das Unternehmen, das Halter der Fahrzeuge beziehungsweise Arbeitgeber der Fahrer ist, ein formloses Schreiben, aus dem hervorgeht, dass der Fahrer das Fahrzeug zu privaten Zwecken nutzt, in welchem Zeitraum und mit welchen Km-Ständen“, so Bopp, „Unter diesen Umständen sind beispielsweise alle Anforderungen, die das Fahrpersonalrecht an die „nichtgewerbliche“ Fahrt stellt, erfüllt, und ich wüsste nicht, weshalb das im Straßenverkehrsrecht dann nicht auch der Fall sein sollte.“

Vorsichtig im Detail

Natürlich kann die Anreise an den Nürburgring auch von der letzten gewerblichen Entladestelle aus erfolgen. „Bei der Rückfahrt wäre ich vorsichtig“, so Bopp. „Direkt nach Ende der Veranstaltung in die Anfahrt zum nächsten Kunden zu starten, halte ich für keinen guten Ansatz, da hier die Frage im Raum steht, ob dann nicht doch auch ein gewerbliches Interesse hinter der Fahrt „über“ den Nürburgring besteht. Dieser nicht ohne weiteres abzuräumende Zweifel am privaten Charakter der Fahrt bestätigt meine Aussage, dass es zwar Graubereiche zwischen Privatem und Gewerblichem gibt, dann aber meines Erachtens jene Regelungen gelten, die bei gewerblichen Fahrten und Beförderungen gelten“.

Als Fazit bleibt daher, dass Unwissenheit über die Sachverhalte in manchen Fällen wohl unnötigerweise 20 Euro gekostet hat. In diesem Sinne wünschen wir allen Fahrern eine rechtskonforme An- und Abreise zu den nächsten Festivals.

Unsere Experten
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Experte für Flottenmanagement und angewandte Mobilitätsangebote Rolf Lübke Mobilität, Fuhrpark (inkl. Wasserstoff-Expertise)