Neuer Investor aus der Schweiz Sabançi Holding verkauft Temsa

Foto: Temsa

Die mächtige Sabançi-Gruppe stößt ihr Busgeschäft an eine neu gegründete Investmentgesellschaft aus der Schweiz ab. Aus Not oder thematischer Neuorientierung heraus?

Die Pressemeldung klingt heroisch: "Temsa tritt in eine neue Wachstumsphase ein." Dies erfolge allerdings nicht mehr unter der Ägide des langjährigen Finanziers, der Sabançi Holding, sondern unter dem Management des neuen Investors "True Value Capital Partners". Dieser wurde erst im April 2019 in der Schweiz mit einem Stammkapital von lediglich 100.000 Franken gegründet. Präsident der Gesellschaft ist laut Handelsregister Devres Unver Rukiye, gemeinschaftlich zeichnungsberechtigt sind zudem Bonnard Yves sowie Lagonico Stéphane.

Bei der Verkündung der Übernahme der Unternehmens-Anteile von der Sabançi Gruppe beziehungsweise deren Mitgliedern stellte sich allerdings Evren Ünver (48), MIT- und INSEAD-Absolvent und zeitweise Unternehmensberater bei McKinsey, zusammen mit dem Temsa-CEO Hasan Yildirim der Belegschaft des Werkes in Adana vor. Dieses weist eine Kapazität von 4.000 Bussen auf und besitzt seit kurzem auch eine moderne KTL-Anlage. Seit 2015 ist Ünver Vorstandsmitglied der MESA Holding, die 1969 in der Türkei gegründet wurde und Büros in Ankara und Istanbul besitzt. Welche Bewandtnis diese personelle und unternehmerische Verquickung hat, wollte uns Temsa auf Anfrage nicht erläutern. MESA wird in der nur in der Türkei verschickten Pressemeldung auch nicht erwähnt, zudem wird Ünver dort keinerlei Redeanteil zugeschrieben.

Der Wert von Temsa ist laut "Bloomberg HT" auf 825 Millionen türkische Lira (140 Millionen US-Dollar) geschätzt worden, der Verkauf sei jedoch für nur rund 375 Millionen Lira erfolgt. Die Lira ist seit 2018 um rund 28 Prozent gegenüber dem Dollar gefallen. Die Sabançi Gruppe wolle sich nach der neuen Strategie des Vorsitzenden Mehmet Göçmen deutlicher auf den Energiesektor fokussieren, so Bloomberg.

US-Marktanteil von zehn Prozent

Neues Blut und Geld scheint angesichts des zusammengebrochenen Busmarktes in der Türkei notwendiger denn je zu sein. Temsa investiert laut eigener Angaben massiv in die Exportmärkte wie die USA, wo der Marktanteil mit 1.100 gelieferten Bussen bereits zehn Prozent betrage. Der bisherige Importeur, CH Bus Sales, wurde 2018 allerdings offiziell geschasst. Man will laut Aussage des CEO Yildirim auf der IAA 2018 gegenüber eurotransport.de schnellstmöglich eine eigene Organisation in den Staaten aufbauen, dennoch ist der Vertrieb über CH weiter online präsent.

Yildirim zeigt sich betont zuversichtlich: "Wir sind all unseren Geschäftspartnern und Mitarbeitern sehr dankbar dafür, dass sie Temsa zu dem gemacht haben, was es heute ist. Bereits einer von drei in der Türkei produzierten Busse ist ein Temsa, und es wurden schon 55.000 Busse in 66 Länder exportiert. Mit alleine 5.000 Bussen in Frankreich kann Temsa auf eine Marktpräsenz in wichtigen Ländern wie Deutschland, England, Italien, Österreich, Litauen und Benelux verweisen."

In Deutschland tut sich die neu aufgebaute Organisation in Bad Rappenau jedoch noch schwer, die neuen Exportvorgaben aus Adana zu erfüllen. Vertrieb man bisher nur die Midis der MD 9-Reihe sowie den Reisebus HD12/13, so sollen hierzulande künftig auch Stadt-, Überland- und Schulbusse und sogar Elektrobusse angeboten werden. Erste Modelle wurden schon zu Vertriebspartnern geliefert. Temsa kann nach eigenen Angaben bereits auf drei lokal emissionsfreie Modelle verweisen: "Temsa hat schon drei Elektrobusse für die Serienproduktion fertig entwickelt: den Midi MD9 ElectriCity, den 12-Meter-Bus Avenue Electron sowie den Avenue EV", zeigt sich Yildirim stolz auf die Elektroflotte, die in Form der ersten beiden Modelle auch auf der UITP in Stockholm präsentiert wurde. Was sich hinter dem dritten Modell "Avenue EV" verbirgt, konnte allerdings weder die Temsa-Website noch die Pressestelle von Temsa auf Nachfrage klären.

Große Ziele mit dem neuen Investor

Auf den neuen Investor setzt der ehemalige MAN- und Irisbus/Iveco-Manager Yildirim große Hoffnungen: "Jetzt wird es Zeit, das Temsa von Morgen zu schaffen. Unser neuer Investor True Value Capital Partners wird sich an die Spitze dieser Entwicklung setzen. Wir können es nicht abwarten, Hand in Hand mit dem neuen Partner diesen aufregenden Weg zu gehen. Temsa ist eine international führende Automobilmarke mit über einem halben Jahrhundert Erfahrung im Busbau und wir werden weiter vorwärts schreiten als ein noch größeres und stärkeres Unternehmen. Da unser Unternehmen zur Mobilität der Zukunft mit intelligenten, autonomen und elektrischen Fahrzeugen beiträgt, werden wir ebenso die Zukunft der Mobilitätsindustrie mitgestalten."

Man darf gespannt sein, wie sich solche große Worte in Verkaufszahlen und nachhaltigen Unternehmenserfolg ummünzen lassen.

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