Pro Fahrer-Image e.V. "Der gute Fahrer braucht Leidenschaft"

Christina von Haugwitz Foto: Christina von Haugwitz

Alexandra Netterscheid ist Berufskraftfahrerin aus Überzeugung. Die junge Frau hat im Sommer 2022 die Abschlussprüfung der Berufskraftfahrer mit „sehr gut“ bestanden und ist seitdem auch im Prüfungsausschuss der IHK Aachen tätig. Passend zum Ausbildungsbeginn 2023 hat Christina von Haugwitz von PROFI mit Alexandra über ihren Ausbildungsweg, Arbeitsalltag und das Image des Kraftfahrerberufes gesprochen. Die Zuschauer von FERNFAHRER LIVE kennen Alexandra schon – in der 71. Folge war sie, damals noch als Auszubildende, zu sehen.

Wann hatten Sie zum ersten Mal die Idee, Berufskraftfahrerin zu werden?

Recht spät erst. Ich muss sagen, dass ich da nie wirklich viel darüber nachgedacht habe. Viele verschiedene Berufe kamen mir in den Sinn, aber keiner hat mich so richtig gecatcht. Dann habe ich darüber nachgedacht, was ich in der Freizeit gerne mache, und das ist halt Fahren. Vom Bobbycar übers Fahrrad hin zum ersten eigenen Roller. Dann zum Motorrad und schließlich mit 18 dann das Auto. Ich fuhr immer schon gerne und auch mit sehr viel Leidenschaft. Deshalb habe ich mich, ohne großartige Kenntnisse des Berufs, dazu entschlossen, dass es das ist, was ich machen will.

Wie haben Sie Ihren Ausbildungsplatz gefunden?

Ich bin zum Arbeitsamt gegangen und habe einer Frau vor Ort erklärt, was mein Plan war.

Wie hat Ihnen die Ausbildung gefallen?

Gut, da sie sehr meinen Interessen entsprochen hat. Das kann man aber nicht verallgemeinern. Da der Beruf sehr komplex ist, gibt es auch sehr große Unterschiede innerhalb des Berufsfeldes, aber auch sehr große vom Betrieb her.

Sie haben mit sehr guten Noten abgeschlossen. War der Stoff schwer zu lernen?

Schwer zu lernen ist relativ. Wenn man nur dabei ist und ein bisschen lernt, kommt man locker durch. Bei mir kam halt einfach auch das persönliche Interesse dazu. Zudem hatte ich vor der Ausbildung Abitur gemacht und war dadurch das Lernen gewohnt. Geholfen hat es mir sonst aber nicht, da alles neue Themen bzw. auch komplett andere Fächer waren. Es war sehr angenehm, zum ersten Mal etwas lernen zu müssen, was man auch wirklich wissen wollte.

Im Nachhinein betrachtet: Waren Sie gut auf das Berufsleben vorbereitet?

Durch die Mischung aus Berufsschule und Betrieb war man gut vorbereitet. Ich würde sagen, dass es eine sehr gute Basis war. Ich habe aber sehr viel zusätzliches Wissen meinen guten Kollegen zu verdanken, da sie mir immer zur Seite standen. Oft waren sie es, die für den Kunden spezifische Informationen hatten, die sonst keiner wissen konnte (Anfahrt, Ablauf bei der anderen Firma, zu welchem Zollabwickler man muss, Fehler am Fahrzeug usw.).

Berufskraftfahrer finden wenig gesellschaftliche Anerkennung. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Ich denke, dass dies alles durch den Fahrermangel kommt. Der Fahrermangel führt dazu, dass auch Fahrer eingestellt werden, die normalerweise nicht eingestellt werden sollten. Dadurch, dass der Arbeitgeber kaum noch Einstellungskriterien aufstellen kann, weil er einfach keine Arbeitnehmer findet, schwindet allmählich der Stolz und der Ruhm des Berufes. Der gute Fahrer braucht Leidenschaft. Er braucht etwas, was ihn zu dem Job führt und an ihn bindet. Viele fahren nur, weil das Amt sie schickt, weil sie zur Auswahl hatten Dachdecker oder Berufskraftfahrer, oder weil sie denken, man kann leicht als Quereinsteiger rein und evtl. auch, weil viele einen einfach annehmen. Viele sind so abhängig vom Geld, das Ihnen auch egal ist, wie die Arbeit ausschaut. Zudem denke ich, dass wir in einer sehr hektischen Zeit leben. Keiner hat großartig Zeit und die meisten haben Stress. Dieser Stress spiegelt sich auch in dem Verkehr wider.

Wenn Sie fünf Maßnahmen gegen den Fahrermangel nennen sollten – welche würden Sie nennen?

1.) Aufhören die Preise immer mehr zu drücken. 2.) Arbeitszeiten, bei denen das Privatleben nicht so auf der Strecke bleibt. 3.) Bessere Arbeitsbedingungen beim Thema Hygiene und an den Rampen. 4.) Mehr Respekt im Umgang mit den Fahrern. 5.) Moderne Fahrzeuge mit guter Ausstattung.

Was ist für Sie das Schönste an Ihrem Beruf?

Die Freiheit. Ich habe einfach eine innere Sehnsucht, unterwegs zu sein. Als Lkw-Fahrerin sehe ich jeden Tag was Neues, auch, wenn ich die Strecke schon etliche Male gefahren bin.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
ETM
FERNFAHRER 10 / 2023
2. September 2023
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