Profi im Profil Die Abwechslung macht's

Profi 11/2019 11/19 Bergrath Michael Markwart Reiling Scania Foto: Jan Bergrath 14 Bilder

Michael Markwart aus Ilsenburg hat bei der Leserwahl 2019 des ETM Verlags einen Ford Ranger gewonnen. FERNFAHRER hat den sympathischen Berufskraftfahrer auf einer seiner Touren begleitet.

Schön, aber im Transportgewerbe kein Usus: Es gibt tatsächlich noch Kunden, die sich freuen, wenn ein Lkw-Fahrer auf den Hof fährt und die erwartete Fracht pünktlich und heil anliefert. So wie der alteingesessene Landmaschinenhändler Eggers im nieder-sächsischen Suhlendorf. Und das aus zwei Gründen: Die Ladung, ein Claas-Mähdrescher vom Typ Lexion 670, kostet auch ohne das separat gelieferte Schneidwerk mehrere Hunderttausend Euro. Und am heutigen Freitagabend Ende August muss der Mähdrescher für die Kunden zur Ansicht bereitstehen. "Die Erntesaison ist so langsam vorbei", sagt Lkw-Fahrer Michael Markwart. "Nun präsentieren die Händler bereits die neueste Generation für die nächste Saison."

"Ich fahre sehr gerne über die Landstraße"

Der Transport von Mähdreschern ist eine wirkliche Kunst, besonders das Beladen und Entladen, was im Grunde dieselben Schritte sind – nur in entgegengesetzter Reihenfolge. Die entspannte Fahrt im neuen Scania R 500 ist kaum der Rede wert. Begonnen hat sie bei einem Händler in Verden an der Aller, wo Michael den Mähdrescher, ebenfalls nach einer Ausstellung, am frühen Morgen übernahm. "Ich fahre zugegeben sehr gerne über die Landstraße", bekennt Michael. "Von mir aus quer durch Deutschland. In der Regel habe ich ausreichend Zeit zwischen den Lade- und Abladestellen. Wenn es sich anbietet, ziehe ich es der oft eintönigen Fahrt über die Autobahn vor."

Michael wohnt mit seiner Familie am Ostrand des Harzes, zwischen Ilsenburg und Wernigerode. Sein Vater war Fahrer beim Kraftverkehrskombinat Magdeburg, seine Mutter Dispatcherin, also Disponentin. Nach der Wende fuhr er Silo und ging 2017 in Rente. "Ich war quasi doppelt familiär vorbelastet, als ich mich für sechs Jahre bei der Bundeswehr als Zeitsoldat verpflichtet habe, um dort den Lkw-Führerschein zu machen." Von 2005 bis 2007 ging er mit seinen ebenfalls bei der Bundeswehr erworbenen Gefahrgut- und Sprengstoffscheinen zu einem Tanklogistiker in Hildesheim.

Danach war er bis September 2015 in Barleben bei einer Spedition für geschlossene europaweite Pkw-Transporte: "Es war meine schönste Zeit im internationalen Fernverkehr, teilweise war ich zwei Wochen unterwegs, war bei vielen Pkw-Präsentationen, aber aus Rücksicht auf meine Familie habe ich damit aufgehört." Und so bewarb er sich schließlich, nach einem weniger glücklichen Versuch, im Februar 2017 bei Reiling in Marienfelde, einem familiengeführten Unternehmen mit dem Schwerpunkt Recycling. Im ersten Jahr fuhr Michael noch auf einer festen Tour mit Altglas im Planenzug nach Halle/Saale: "Dann bekam ich die Chance, in unsere Abteilung für Landmaschinentransporte zu wechseln. Ich habe zugesagt, weil ich nun zwar immer noch für unseren Kunden Claas aus Harsewinkel unter der Woche bei Bedarf quer durch Europa fahren kann, aber wirklich jedes Wochenende zu Hause bin."Heute ist der letzte Arbeitstag vor seinem Urlaub, und so beginnt er gegen Mittag, nachdem er den Sattelzug in die richtige Position rangiert hat, gleich mit der Vorbereitung für die Entladung des Mähdreschers. Speziell für solche Transporte hat der Fahrzeugbauer Gbr. Recker aus Greffen, einem Ortsteil von Harsewinkel, diese Tieflader mit wahlweise zwei oder drei Achsen konzipiert.

Profi 11/2019 11/19 Bergrath Michael Markwart Reiling Scania Foto: Jan Bergrath
Mit Pressluft aus seinem Lastwagen löst Michael zuerst die blauen Scheiben an der Vorderachse, wo die Zurrketten für die Ladungssicherung eingehakt werden.

Michael hat bei Reiling seinen Traumjob gefunden

Auch Michaels Spezialfahrzeug besteht aus zwei Teilen: dem Schwanenhals, auf dem die vier bei der Beladung demontierten Räder verzurrt werden, und einem rund sieben Meter langen, schmalen Steg, der wiederum in einem kurzen Tiefbett endet, auf dem der hintere Teil des gut 16 Tonnen schweren Mähdreschers lagert. Die beiden zwillingsbereiften Achsen sind elektrohydraulisch lenkbar. "Der Clou ist", so erläutert Michael, "dass ich den Auflieger durch eine Kupplung trennen kann: Der Schwanenhals bleibt auf der Sattelplatte, nachdem ich zuvor den längeren Teil des Aufliegers auf den Boden abgesenkt habe."

Als ersten Schritt löst Michael die schweren Ketten und schraubt danach mit Druckluft aus dem Scania die vier blauen Zurrscheiben an den Achsen wieder heraus. Schließlich kommt Kai Willmann, ein Meister bei Eggers, zur Unterstützung. Mit dem Stapler holt er die vier Räder vom Schwanenhals. Einzeln werden sie mit doppelter Manneskraft an die zuvor auf Kanthölzern aufgebockten Achsen gehievt und per Schlagschrauber festgezogen. Eine auch körperlich herausfordernde Arbeit. Danach geht alles recht schnell: Michael entkoppelt den Auflieger, Meister Willmann fährt den Mähdrescher unter Michaels wachsamen Augen über den Steg hinweg auf die Seite, wo er mit weiteren Mitarbeitern die mitgelieferten Teile wie etwa den Einstieg anschraubt. Michael selbst schiebt den Auflieger wieder zusammen, dann räumt er Kanthölzer, Gurte und Ketten in den großen Kasten am Heck des Trailers. Als er zum Schluss auch die beiden Warntafeln eingeklappt hat, ist für ihn die Arbeit hier beendet.

Knapp zwei Stunden hat die gesamte Entladung gedauert. Im Büro lässt er sich den Frachtbrief unterschreiben. Michael hat bei Reiling seinen Traumjob gefunden, nicht nur, weil er über Stundenlohn bezahlt wird, sondern immer noch schöne Touren fahren kann, nach Italien, nach Spanien, nach Ungarn und, sein Favorit, nach Skandinavien: "Es ist die Abwechslung, die mich immer noch reizt, Lkw zu fahren!" Seit dem Jahr 2000 ist Michael treuer Abonnent des FERNFAHRER. Auch 2019 hatte er wieder an der Leserwahl zum besten Nutzfahrzeug teilgenommen – und nicht weiter daran gedacht. "Es war Anfang Juni, ich stand mit meinem Zug auf einem Parkplatz an der E 4 nahe der schwedischen Stadt Jönköping, als ich von einer gewissen Josie Ohl einen Anruf aus Stuttgart bekam, dass ich den als Hauptpreis ausgeschriebenen Ford Ranger gewonnen hätte. Ich wollte es zuerst gar nicht glauben. Dann wurde mir aber doch bald klar, dass ich meinen alten Anzug wieder aus dem Schrank holen musste", berichtet er.

ETM Award 2019 Foto: FLASH ART P.BILSKI
Aus der Hand von Thomas Juraschek, Leiter Nutzfahrzeuge der Ford-Werke, erhält Michael bei der Leserwahlfeier den symbolischen Schlüssel für seinen Ford Ranger.

Bei der Leserwahl gewann Michael einen Ford Ranger

Zur Preisverleihung am 25. Juni nahm sich Michael frei und fuhr gemeinsam mit seiner Frau nach Stuttgart-Bad Cannstatt, wo er aus der Hand von Thomas Juraschek, Leiter Nutzfahrzeuge der Ford-Werke, den symbolischen Fahrzeugschlüssel erhielt. Der Ranger ist nun, nach den Werksferien, auf dem Weg zur Auslieferung über den Ford-Händler in Wernigerode. "Lieber fahre ich natürlich eine lange Tour mit einem Mähdrescher als zweimal am Tag zu laden und zu sichern", sagt Michael auf dem Rückweg. "Oft geht es in der Saison wieder leer zurück, weil schon die nächsten Maschinen aus Harsewinkel zu den Kunden müssen."

Auf der Fahrt nach Marienfelde, wo er den Zug für seinen Sommerurlaub an der Ostsee abstellen will, macht er noch einmal kurz halt bei Hoyer am Stadtrand von Celle: "Das ist eindeutig meine liebste Autohof-Kette, jedenfalls hier im Norden." Auf die Frage, was in seinen Augen die besten Nutzfahrzeuge sind, antwortet er sehr spontan: "Das Fahrerhaus von DAF mit dem Motor von Scania und dem Werkstattnetz von Daimler. Aber mit meinem außergewöhnlichen Zug bei meiner guten Firma kann ich mich nicht wirklich beschweren."

Profi im Profil
35 Jahre mit dem Brummi auf Tour

Ankunft mit dem Claas-Mähdrescher beim Händler Eggers in Suhlendorf Mit Pressluft aus seinem Lastwagen löst Michael zuerst die blauen Scheiben an der Vorderachse, wo die Zurrketten für die Ladungssicherung eingehakt werden. Die vier Räder des Mähdreschers müssen zuerst abgeladen und montiert werden. Gemeinsam mit Meister Kai Willmann setzt sie Michael wieder auf die Achsen. Zur Aufgabe von Michael gehört auch, die Schrauben wieder fest anzuziehen. Die Höhenverstellung des Aufliegers steuert Michael per Fernbedienung. Schließlich fährt Meister Willmann das teure Gefährt vom angekoppelten Tiefbett. Kaffeepause am kleinen Hoyer-Tankstop bei Celle, Michaels Lieblingskette. Aus der Hand von Thomas Juraschek, Leiter Nutzfahrzeuge der Ford-Werke, erhält Michael bei der Leserwahlfeier den symbolischen Schlüssel für seinen Ford Ranger.

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