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trans aktuell-Symposium Mit KI auf der Winner-Seite

KI, Spedition Foto: Hembach-Winner, pixaby gerd altmann

Großes Interesse an trans aktuell-Symposium zu den Potenzialen von Künstlicher Intelligenz in der Logistik, Best Practice mit Blick hinter die Kulissen der Winner Spedition in Iserlohn. Wie gelingen die ersten Schritte?

Keine Angst vor der KI! Bei allen berechtigten Sorgen vor möglichen negativen Begleiterscheinungen beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) überwiegen klar die Vorteile. Konkrete Einsatzfelder gibt es auch in der Logistik. Wer die Chancen erkennt und sie gezielt nutzt, profitiert von einer höheren Effizienz seiner Prozesse, weniger Fehlern und entlastet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie bekommen den Kopf frei, um sich um kreativere Aufgaben zu kümmern. Und auch wenn es immer heißt „think big“ oder „groß denken“, so ist es nicht zielführend, gleich die ganz große Lösung umsetzen zu wollen. Lieber erst mal kleine Schritte machen, um Erfahrungen zu sammeln, so lautete Ende Juni eine der Erkenntnisse beim trans aktuell-Symposium zum Einsatz von KI in der Logistik in den Räumen der Winner Spedition in Iserlohn.

Wettbewerbsvorteile durch KI

Man verbindet das Unternehmen mit Stahl und Langgut. Und ganz bestimmt verbindet man es auch mit dem Kombinierten Verkehr – war Geschäftsführerin Gudrun Winner-Athens doch langjährige Vorsitzende des Verwaltungsrats beim Intermodal-Spezialisten Kombiverkehr aus Frankfurt. „Doch wir wollten für das Symposium gerne ein anderes innovatives Thema wählen“, sagte die Unternehmerin. Sie sei neugierig darauf zu erfahren, wie sich eine Geschäftsidee, die ihr Großvater mit seinen Söhnen hatte, weiterentwickeln kann. Die Kostenführerschaft sei immer ein zentrales Thema gewesen, die Nachhaltigkeit gewinne an Bedeutung – und nun auch die Digitalisierung. Es stelle sich die Frage, wie Unternehmen mit weniger Mitarbeitern auf einem schwierigen Arbeitsmarkt ihre Prozesse automatisieren und digitalisieren könnten – auch mit dem Einsatz von KI – und dadurch Wettbewerbsvorteile erzielen könnten. Unternehmerin Winner-Athens geht davon aus, dass die KI mit Blick auf den Fachkräftemangel einige personelle Probleme lösen und die Beschäftigten entlasten kann. „Das ist unsere Hoffnung, und das ist ein wichtiger Punkt für die Zukunft.“

Um diese Potenziale zu nutzen, müsse man seine Belegschaft aber mitnehmen, rät Winner-Athens. „Wir müssen die Menschen davon überzeugen, dass KI ein Hilfstool ist, das ihnen nicht schadet, sondern sie unterstützt.“ Denn auch bei jungen Menschen, die mit vielen Digitalthemen vielleicht vertrauter sind, spüre sie eine gewisse Abwehrhaltung – wahrscheinlich, weil sie die Hintergründe und Potenziale von KI noch zu wenig kennen.

Ilona Jüngst, Chefredakteurin trans aktuell, EuroTransportMedia Verlags- und Veranstaltungs-GmbH, Stuttgart Foto: Thomas Küppers
Top-Veranstaltung bei der Spedition Winner in Iserlohn: trans aktuell-Symposium zum Thema KI.

„Es gibt Punkte, bei denen man schon in Besorgnis geraten kann“, bestätigte Prof. Dr. Christian Gawron aus dem Fachbereich Informatik und Naturwissenschaften an der Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn. Denn die KI werde Folgen für zahlreiche Berufsfelder haben – seien es Künstler, Ärzte, Rechtsanwälte oder auch Professoren wie er. „Dass wir arbeitslos werden, glaube ich jedoch nicht, denn wir haben einen Fachkräftemangel.“ Die Chance liege darin, sich auf andere Dinge zu konzentrieren, wertschöpfende und kreative Aufgaben, bei denen der KI Grenzen gesetzt sind. Und manche Berufsfelder werden nach Gawrons Überzeugung auch recht analog bleiben. „Die KI kann uns beim Aufsetzen eines Schriftsatzes oder Vertrags helfen, sie wird uns aber keine Wärmepumpe einbauen.“

Entscheidungen vereinfachen

Anhand zweier Beispiele von möglichen Kunden der Logistiker – aus den Bereichen Kunststoffspritzguss und Lampenproduktion – zeigte der Wissenschaftler, wie KI helfen kann, Fertigungsfehler zu vermeiden beziehungsweise das richtige Preismodell zu ermitteln. Sinnvoll eingesetzt, kann die KI nach Überzeugung Gawrons also dabei helfen, Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen. Standardaufgaben werden automatisiert und Entscheidungen vereinfacht, weil die KI den Chefs mehr Daten zur Entscheidungsfindung an die Hand gibt. Unternehmen können dank diverser Text-Tools die Ansprache von Kunden individualisieren und Arbeitsprozesse mithilfe virtueller Assistenten vereinfachen. Auch Wissenschaftler Gawron rät wie Logistikunternehmerin Winner-Athens dringend, die Belegschaft mitzunehmen. „Schulen Sie Ihre Mitarbeiter“, empfahl der Referent. „Wer Angst vor der KI hat, wird sie nicht sinnvoll einsetzen.“

Martin Friedrich, Senior Scientist und KI-Trainer beim Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) aus Dortmund, trat dem Mythos entgegen, dass KI nur etwas für Konzerne ist. Die Big Player sind es zwar, die durch Megainvestitionen von sich reden machen. Doch durch Software as a Service, also Cloud basierte Modelle, sei KI für Unternehmen jeder Größe zugänglich, betonte Friedrich. „Hier tun sich ganz neue Marktchancen auf.“

Hilfe durch optische Texterkennung

Eine konkrete Hilfestellung für Speditionen ist die optische Texterkennung (OCR). Sie kann Dinge digitalisieren und mithilfe von KI treffsicher zuordnen. So braucht es keinen Menschen mehr, der die unterschiedlichen Dokumente wie Bestellschein, Lieferschein oder Rechnung prüfen und richtig ins IT-System eingeben muss – das kann der digitale Mitarbeiter übernehmen. Der Mensch muss das Ganze jedoch weiterhin überwachen. Weitere Anwendungsfelder in der Logistik sieht KI-Trainer Friedrich bei Chatbots zur Kommunikation mit den Kunden oder auch beim Ladungsträgertausch mithilfe von Apps.

Die Logistikbranche ist laut dem Fraunhofer-Experten für KI-Anwendungen geradezu prädestiniert, weil sie über sehr viele Daten verfüge – ob es nun Touren- oder Lagerinformationen sind. Und es entstehen jeden Tag unzählige neue Daten. Friedrichs Prognose: Bis 2025 werden wir jeden Tag 463 Exabyte an Daten produzieren – ein gewaltiges Potenzial für KI-Anwendungen. „Heben Sie Ihren Datenschatz“, sagte der Fraunhofer-Experte an die Adresse der versammelten Symposiumsteilnehmer. Seine Empfehlung: „Beginnen Sie mit kleinen Projekten und holen Sie sich Unterstützung!“

KMU bei den ersten Schritten helfen

Unterstützung bietet auch das ebenfalls in Nordrhein-Westfalen angesiedelte KI Village in Hürth. Es versteht sich als Innovationscampus für KI, das interessierte Akteure fördert und vernetzt. „Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, die KI in die Wirtschaft zu tragen und kleine und mittelständische Unternehmen auf den ersten Schritten dorthin zu unterstützen“, erläuterte Projektmanager Lukas Lanz. Hinter dem KI Village stehen mehrere namhafte Partner – darunter die Stadt Hürth oder die Kompetenzplattform KI der Landesregierung in NRW. Mit von der Partie sind auch Fraunhofer, der KI Bundesverband und die Rheinische Hochschule Köln.

Das KI Village begleitet Unternehmen bei der Transformation und beim Strukturwandel – und ist selbst ein Beispiel für gelungenen Strukturwandel. Auf seinem Gelände war vorher der TV-Sender RTL beheimatet und produzierte dort Talkshows. Nun sind dort keine Entertainer mehr, sondern KI-Experten, die weniger auf die Quote schielen, sondern auf Wissenstransfer aus sind. „Wir möchten die Leute an die Hand nehmen und Ängste abbauen“, erklärte Lanz – ob es nun Bürger, Hochschulen oder mittelständische Unternehmen sind, die wissen möchten, wie sie den Sprung in die digitale Zukunft erfolgreich gestalten können.

KI-Unterstützung im Fuhrpark

Längst zum Sprung dorthin angesetzt hat die ZF Group mit ihrer neuen Flotten-Orchestrierungsplattform Scalar. Die auf der IAA Transportation vor zwei Jahren vorgestellte Plattform hilft Flottenbetreibern mit Echtzeitdaten unter anderem bei Planung, Routing und Betrieb ihrer Fuhrparks. Sie greift auf die Daten von eingebauten Boxen, der Sensorik und Schnittstellen zurück und bietet Disponenten oder Fuhrparkleitern damit wertvolle Informationen und Entscheidungshilfen – sei es, wie seit dem 7. Juli verpflichtend, zum Thema Reifendruck oder in absehbarer Zeit zum optimierten Einsatz von Elektro-Lkw. Bei der Winner Spedition etwa ist bereits ein schwerer Volvo FH Electric im Einsatz. Scalar hilft dabei, die ideale Route und eine geeignete Ladesäule zu finden und unterstützt dabei, diese zum Beispiel beim Empfänger auch gleich zu buchen, wie Florian Modrich, Country Leader für die DACH-Region bei ZF, auf dem trans aktuell-Symposium erläuterte.

Und auch, wenn noch kein Strom, sondern Diesel fließt, können die ZF-Services gute Dienste leisten. Der TX Fuelcompass liefert nach Modrichs Angaben eine vollständige Übersicht über alle Kraftstoff- und Betankungskosten in einer Flotte. Fuhrparkchefs können so zum Beispiel Tankmuster innerhalb der Flotte erkennen, Fahrzeuge in puncto Dieseldurst miteinander vergleichen und darauf aufbauend Entscheidungen treffen. Modrich hielt seinen Vortrag während der Busfahrt zum Winner-Lager in Hemer, wo die Symposiumsbesucher einen Blick hinter die Kulissen warfen. Natürlich stamme das Getriebe des Busses von ZF, sagte Modrich mit einem Augenzwinkern. Doch seit inzwischen 30 Jahren liefert das Unternehmen mit Telematik mehr als Hardware. Seine IT-Lösungen – wie die neue Plattform Scalar – verbindet ZF auch mit KI-basierten Tools. Denn auch das Unternehmen aus Friedrichshafen hat keine Angst vor der KI, sondern sieht die großen Chancen dahinter.

Das Unternehmen

  • Die Winner Spedition aus Iserlohn im Sauerland beschäftigt an 22 Standorten in Deutschland, Italien, Österreich, Tschechien und Polen rund 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Spezialität des Unternehmens sind Transport und Logistik von Langgütern aller Art – ob Stahl, Kupfer oder Kunststoff. Das 1964 von Hugo Winner gegründete Unternehmen wird heute in dritter Generation von Gudrun Winner-Athens und Hugo Winner geführt, die vierte Generation ist ebenfalls schon an Bord.
  • Die vier Sparten der Winner Spedition sind europäische Stückgutverkehre, ihr deutsches Netzwerk, der Kombinierte Verkehr Schiene-Straße sowie europäische Komplettladungen. In mehreren eigenen Logistikimmobilien stehen dem Unternehmen rund 78.000 Quadratmeter Logistikfläche zur Verfügung.
  • Einer der Logistikstandorte ist das rund 13.000 Quadratmeter große Langgut-Lager in Hemer, wenige Kilometer von der Zentrale in Iserlohn entfernt. Dort durften die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des trans aktuell-Symposiums einen Blick hinter die Kulissen werfen. Der Stahlbau ist in sieben Hallenschiffe unterteilt, jeder beherbergt einen Kran mit fünf Tonnen Traglast. Die Leitung liegt bei Sven Groos, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Winner Spedition.

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