Maximilian David von der RWTH in Aachen möchte im Rahmen einer Untersuchung der aktuellen Fernstraßeninfrastruktur in Deutschland auch wissen, wie groß die Belastung von Lkw-Fahrern und deren Einfluss auf die Verkehrssicherheit tatsächlich ist. Es ist auch eine Chance für die Branche.
Die Klagen der Lkw-Fahrer nicht nur in den sozialen Medien sind nahezu jeden Tag gleich: Eine überlastete Infrastruktur im größten Transitland Europas führt nicht nur immer wieder zu schweren Lkw-Unfällen an den Stauende der zahlreichen Baustellen. Es mangelt allein an rund 30.000 Lkw-Parkplätzen. Dazu kommt die für viele Fahrer nervliche Belastung, wenn sie dauerhaft im Überholverbot nur das Heck des vorausfahrenden Kollegen sehen. Weiter werden immer wieder wechselnde Schichten, teils überlange Arbeitszeiten, unregelmäßige Pausen, Stress an den Abladestellen aber auch die unregelmäßige Ernährung, familiäre Sorgen bei längerer Abwesenheit von Zuhause sowie verschleppte gesundheitliche Probleme genannt. Jeder Fahrer sitzt mit Sicherheit mit einer eigenen Mischung aus den ganz verschiedenen potentiellen Belastungen am Steuer. Und muss sich dennoch vollkommen auf den Verkehr konzentrieren. Das fällt über eine längere Zeit schwer. Zumal wenn der moderne Lkw, hier besonders im Fernverkehr, den Fahrer von so vielen Aufgaben entbindet. Dann schweifen am Ende sogar die Gedanken ab.
Der Berliner Unfallforscher Siegfried Brockmann betont immer wieder, dass der moderne Arbeitsplatz am Steuer eines Lkw anachronistisch ist. „In jeder industriellen Umgebung wäre etwa ein Maschinenführer mit so viel Gefährdungspotential längst undenkbar, wenn er über mehrere Stunden nichts oder wenig zu tun hat, aber im Ernstfall schnell und perfekt reagieren soll“, so Brockmann. „Wissenschaftlich ist erwiesen, dass unter solchen Bedingungen die Aufmerksamkeit bereits nach fünfzehn Minuten nachlässt. Die Fahrer werden also entweder müde oder sie lenken sich ab. Beide Möglichkeiten sind schlecht für die Verkehrssicherheit.“
Eine wichtige Untersuchung der RWTH
Nun befasst sich der 25-jährige Student Maximilian David im Rahmen seiner Masterarbeit im Verkehrsingenieurswesen an der renommierten Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen mit dem Thema der Belastung von Lkw-Fahrerinnen und Fahrer. „Es ist das Ziel, die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu erhöhen“, sagt David. „Dazu sollen insbesondere die psychischen und physischen Belastungen der Berufskraftfahrer und Berufskraftfahrerinnen genauer analysiert werden. Die Ergebnisse werden genutzt, um Zusammenhänge zwischen den Belastungen der Fahrer und deren Einfluss auf die Verkehrssicherheit zu entwickeln.“
Ich habe den Online-Fragebogen mit seinen 27 Fragen bereits studiert. Er umfasst meiner Meinung nach wirklich die wichtigsten Punkte, die für Fahrer zur Belastung werden können. Dazu zählen weitere Themen wie Lkw-Kontrollen, den möglichen Druck durch Arbeitgeber, die Zeitfenster, die in der Logistik Überhand nehmen, oder die zunehmende Konkurrenz aus Osteuropa, die aktuell nicht selten zur eigenen Angst um den Job wird. Ich kann daher hier nur appellieren, dass möglichst viele Fahrer an dieser anonymen Umfrage teilnehmen, um zahlreichen Sorgen und Nöte vieler Fahrer mit tatsächlichen Daten zu belegen. Die Beantwortung dauert etwa zehn Minuten, sagt David. Tipp: Nur wenn die Fragen tatsächlich beantwortet sind geht der Fragebogen weiter.
Deadline für die Umfrage ist der 26. April 2021. Damit sie nicht im wissenschaftlichen Betrieb hängenbleibt, haben wir Maximilian David bereits heute in die dann 58. Sendung von FERNFAHRER LIVE eingeladen, um die ersten Ergebnisse mit einigen Fahrern und weiteren Experten zu besprechen. Ich denke, es ist eine wirklich gute Chance für die Transportbranche, die Arbeitsbedingungen der Fahrer zu verändern und die Belastungen zu verringern, wenn die vielen Klagen auf validen Daten beruhen. Auch für den FERNFAHRER sind die Antworten aus dem Bereich 11 von großem Interesse – denn ab der Ausgabe 6/2021 wollen wir uns um das Thema Gesundheit kümmern. Denn dort liegt vieles im Argen.